Bombina variegata
Bombina, herrlich klingt der Name
für eine oft verkannte Dame,
die vornehm und in sanfter Weise
ihr Stimmchen klingen lässt wie leise,
betörend schöne Glockenstreiche.
Die Unke ist's, ein Tier der Sage,
des Märchens, niemals eins der Plage.
Im schwarzen Dreieck der Pupille
zeigt sich der Glanz der edlen Stille
des kleinen Wesens aus dem Teiche.
Ingo Baumgartner (1944-2015)
Die Gelbbauchunke (Bombina variegata L.) ist eine in Mitteleuropa endemische Amphibienart und ist neben der Rotbauchunke eine von zwei Unkenarten in Deutschland. Sie zeichnet sich besonders durch eine gelb-schwarze Unterseite und herzförmige Pupillen aus. Ursprünglich besiedelte diese Art lichte Auenlandschaften, welche durch sporadische Überflutungen einem ständigen Störungsregime ausgesetzt waren. In den ständig neu entstehenden und kurzlebigen Kleinstgewässern findet diese Pionierart perfekte Laichgewässer für eine erfolgreiche Reproduktion, da diese vor allem frei von Prädatoren und Nahrungskonkurrenten sind.
Allerdings hat diese Art aufgrund von Flussbegradigung, Trockenlegung, Bebauung und Intensivierung der Landschaftsnutzung in fast ihrem gesamten Verbreitungsgebiet einen starken Rückgang erfahren. Nur durch Ausweichen auf andere Lebensräume welche die Störungscharakteristik widerspiegeln, konnte sich die Art zwar relativ flächendeckend aber in geringen Dichten erhalten. Dadurch besiedelt diese Pionierart heute oftmals Steinbrüche und ständig neu entstehende wasserführende Fahrspuren in Waldstandorten. Jedoch droht aufgrund der vermehrt praktizierten naturnahen Waldbewirtschaftung auch der Lebensraum "Fahrspurpfütze" zu verschwinden, welcher ebenso wichtig für viele andere Amphibien-, Insekten- und Pflanzenarten ist. Durch den Erhalt und eine aktive Förderung dieser Strukturen in unseren Wäldern haben wir die Chance, die Gelbbauchunke nachhaltig zu schützen und ebenso isolierte Populationen im Offenland großflächig zu verbinden.
Die Bestandsrückgänge im Verbreitungsgebiet haben zu einem mehrschichtigen Schutzstatus geführt. So ist die Art international in der EU im Anhang II und IV der FFH-Richtlinie aufgeführt. Folglich sollten Schutzgebiete für diese Art ausgewiesen und fachgerecht bewirtschaftet werden. Außerdem müssen Verschlechterungen von Erhaltungszuständen vermieden werden bzw., bei schlechtem Zustand, verbessert werden. Da 30% der Nominatform in Deutschland existieren, ist das Land für diese Art in „besonders hohem Maße verantwortlich“ wodurch sie eine der zu schützenden „Verantwortungsarten“ für Deutschland ist. B. variegata wurde in der Roten Liste auf deutscher Bundesebene sowie als auch in Baden-Württemberg in die Kategorie 2 „stark gefährdet“ eingestuft. Hierbei stellen Baden-Württemberg und Bayern das Hauptverbreitungsgebiet der Art innerhalb Deutschlands dar.
Ein Aspekt, welcher es besonders reizvoll macht mit dieser Art zu arbeiten, ist die individuelle Erkennbarkeit eines jeden Tieres durch das natürliche spezifische Bauchmuster, vergleichbar mit einem Fingerabdruck. Dadurch lässt sich jedes Tier lebenslang verfolgen und liefert wichtige Erkenntnisse über Alter, Entwicklung und Bewegungsverhalten.
Auf der Basis des Bauchmusters konnte z.B. ein Tier auch während unseres Projektes zuletzt in 2020 wiederentdeckt werden, welches erstmals als bereits adultes Tier (> 2 Jahre) im selben Waldgebiet in 1997 fotografiert wurde. Dies liefert einen handfesten Beweis von einem Mindestalter von 25 Jahren für diese Art, welche auch in freier Wildbahn ein hohes Alter erreichen können. Außerdem ist dies kein Einzelfall, da wir eine weitere Unke ebenfalls erstmalig aus 1997 in 2020 zuletzt erfasst haben. In beiden Fällen handelt es sich um Männchen. Nach unserem Wissen handelt es sich hierbei um das in freier Wildbahn bisher höchste nachgewiesene Alter auf Fotobasis.
Das hohe Alter kann dabei als eine Anpassung an trockene Jahre gewertet werden, wodurch ungünstige Laichperioden überbrückt werden. Das Risiko der Austrocknung von periodischen Laichtümpeln wird außerdem durch lange Laichzeiten (Mai-August) und mehrere kleine Eipakete in verschiedenen Pfützen gering gehalten.
Die aquatischen Habitate der Gelbbauchunke werden in Aufenthalts- und Laichgewässer unterschieden, wobei in ersteren zwar Unken zu finden sind, aber meist keine erfolgreiche Reproduktion stattfindet. Nur in ganz neu entstandenen Gewässern findet eine erfolgreiche Reproduktion statt. Demnach funktioniert der herkömmliche Naturschutz durch die Anlage eines permanenten Teichs NICHT für diese Pionierart!