Ergebnisse aus 2020

Überblick

Auch in 2020, dem zweiten Jahr unseres Projektes, konnten wir viele unserer Maßnahmen erfolgreich umsetzen und testen. Wie fast überall herrschte auch in unseren Forstrevieren eine große Trockenheit im vergangenen Jahr, welches in allen Revieren zu einem teilweisen Verlust von Untersuchungsgewässern und auch Reproduktionsstadien der Gelbbauchunke geführt hat. Allerdings können sich die Zahlen der Metamorphlinge dennoch sehen lassen, denn in fast allen Revieren kam es gerade durch unsere umgesetzten Maßnahmen zu einer wiederholten guten Reproduktion. Lediglich ein Revier erlitt aufgrund der extremen Trockenheit fast einen Totalverlust.

 

Als eine neue Art der Maßnahmen wurden in 2020 Gewässer hergestellt und untersucht, welche einer vorherigen Trockenpause unterzogen wurden. Auch die Wildäcker konnten wir wiederholt erfolgreich testen, in unserem Kernrevier gab es einen neuen Rekord an Metamorphlingzahlen und erste sehr interessante Analysen zu 2-jährigen Gewässerstandorten liegen vor. Außerdem wurden im Zuge unseres Projektes zwei Masterarbeiten zur Gelbbauchunke in Kirchheim Teck durchgeführt, welche sehr interessante erste Ergebnisse zeigen, sich aber noch in Auswertung und Fertigstellung befinden.

 

Alles in allem war 2020 trotz Corona ein sehr erfolgreiches Jahr für unser Projekt. Zum Glück lassen sich zwar die Unken von Kontaktbeschränkungen nicht beirren, aber leider litt unsere Öffentlichkeitsarbeit in Form von Exkursionen, Konferenzen und direktem Kontakt sehr darunter. Es bleibt abzuwarten und zu hoffen, inwiefern diese in gewohnter Form im Sommer 2021 wieder möglich sein werden.

Individuenzahlen

Die Datenerfassung verlief in gleicher Manier wie zum Vorjahr, allerdings ohne wissenschaftliche Hilfskräfte aufgrund der Kontaktbeschränkungen. Dennoch war es möglich alle Reproduktionsgewässer in allen Revieren wöchentlich zu untersuchen und alle Unken mindestens einmal monatlich zu erfassen und zu fotografieren.

 

In allen 6 Testrevieren ist die Gesamtzahl an erfassten Individuen gestiegen. Dabei wurden zusätzlich zu adulten und juvenilen Tieren auch Wiederfänge (WF) von 2019 festgehalten. Ein großer Vorteil war hier die Software "AmphIdent" zum Abgleichen der fotografierten Unkenmuster mit Tieren aus dem Vorjahr. Lediglich die Auswertung der Metamorphlinge erfolgte wiederholt visuell und ohne AmphIdent, da die Muster in den ersten Tagen noch nicht voll entwickelt sind.

 

Insgesamt wurden in 2020 in allen Revieren 5.133 Fotos gemacht. Davon waren 1.470 Bilder von Adulten/Juvenilen und 3.663 Bilder von Metamorphlingen. Für die einzelnen Reviere ergab die Erfassung für 2020 folgende Ergebnisse:

"WF" steht für Wiederfänge, welche sich für alle Reviere (außer Kirchheim Teck) auf die Erfassungen aus 2019 beziehen. So wurden beispielsweise für Reichenberg insgesamt 191 Adulte/Juvenile in 2020 erfasst, von welchen 76 Tiere Wiederfänge aus 2019 waren.

In Kirchheim Teck wurden 225 Wiederfänge registriert, welche sich hier allerdings aufgrund der Datenbasis auf registrierte Tiere seit 1997 beziehen. Übrigens: Auch unsere beiden ältesten Unken wurden in 2020 wiederentdeckt! Allgemein helfen Wiederfangraten bei einer groben Einschätzung der Populationsgröße in einem Gebiet. Das Prinzip hierbei ist: Umso größer die Wiederfangrate, desto kleiner die Hintergrundpopulation. Die Logik ist, dass bei einer kleineren Population mehr bereits gefangene Tiere wiederholt gefangen werden und weniger neue, bisher nicht erfasste, Tiere hinzukommen. Allerdings ist dies mit Vorsicht im Hinblick auf absolute Aussagen zu genießen. Da sich die Standorte der Maßnahmen in jedem Revier innerhalb des Untersuchungsgebietes zwischen den Jahren ändern und Untersuchungsgewässer teilweise auch komplett verschwinden ist die Aussage nur bedingt anwendbar.

 

Erfreulich ist, dass besonders die Reviere Radolfzell und Billigheim mit einer vergleichsweise insgesamt geringeren Individuenanzahl, eine sehr gute hohe erfolgreiche Reproduktionsleistung in 2020 hatten. Ein weiterer Meilenstein wurde in unserem Kernrevier Kirchheim Teck erreicht, wo die in 2020 registrierten Metamorphlinge zahlenmäßig erstmals den bisher höchsten Reproduktionserfolg nach Sturm "Lothar" in 2000 erreichten und sogar minimal übertrafen. Auch Herrenberg konnte aufgrund einer höheren Anzahl an Neugewässern die Metamorphlingzahl im Vergleich zu 2019 erhöhen.

In Gaggenau kam es aufgrund der verheerenden Trockenheit in 2020 leider zum fast vollständigen Austrocknen der Untersuchungsgewässer und Ausfall des Reproduktionserfolgs. Sehr viele Kaulquappen fielen hier der Trockenheit zum Opfer und lediglich eine Pfütze hielt das Wasser lang genug für eine erfolgreiche Reproduktion. In Reichenberg sank der Reproduktionserfolg im Vergleich zum Vorjahr, da eine geringe Anzahl an Neugewässern vorhanden war, neu-angelegte Baggertümpel großteils trocken waren und viele wasserführende Gewässer mindestens im zweiten Jahr mit entsprechender Prädatorendichte waren.

 

Zusammenfassend sind die totalen Individuenzahlen (Adulte & Juvenile, ohne Metamorphlinge) aus 2019 und 2020 für jedes Revier wie folgt: Gaggenau: 102; Billigheim: 70; Herrenberg: 304; Reichenberg: 364; Radolfzell: 58; Kirchheim Teck: 613.

Reproduktionspotenzial der Gewässer

Um eine Vergleichbarkeit der Daten zwischen den Jahren zu gewährleisten, wurde auch für die Gewässer aus 2020 die gleiche Logik des Reproduktionspotenzials, definiert durch das Wasserhaltevermögen, wie in 2019 angewandt. Zur Erinnerung: Diese Einteilung basiert auf der Entscheidung, ob eine erfolgreiche Reproduktion möglich gewesen wäre. Bei einer kompletten oder übermäßigen Trockenheit im Jahr oder bei einem dauerhaft sehr niedrigen Wasserstand <5cm, wurde das Potenzial als "unmöglich" definiert. Bei einer Wasserführung >5cm für eine Mindestdauer von ca. 7 Wochen wurde das Potenzial als "möglich" eingeschätzt. Diese Mindestdauer benötigt es für eine erfolgreiche Entwicklung vom Laich bis zum Metamorphling.

 

Für 2020 ergaben sich folgende Verteilungen im Hinblick auf das Reproduktionspotenzials für die verschiedenen Strukturtypen:

Im Vergleich zum Vorjahr wurden in 2020 Pfützen auf Rückegassen / in Fahrspuren auch nur als solche erfasst, wenn sichergestellt werden konnte, dass es sich dabei auch um eine Pfütze handelte. Sprich, nicht jede Vertiefung mit bspw. 1cm Wasserstand zu Beginn wurde sofort erfasst. Deshalb ist der Anteil der Gewässer, wo eine Reproduktion nicht möglich war, für die Fahrspuren im Vergleich zu 2019 niedriger. Da es sich bei Pfützengewässern auf Rückegassenfahrspuren um, im Zuge der normalen Bewirtschaftung, zufällig entstehende Gewässer handelt, sind diese auch nicht strukturgebunden wie bspw. ein extra ausgebaggerter Tümpel. Sprich, diese Pfützen entstehen ungeplant, weshalb es auch vertretbar ist, diese erst als "Pfützen" zu erfassen wenn es sich dabei mit einer Mindestwassertiefe von 5cm auch um eben solche handelt. Interessant ist allerdings, dass diese Pfützen auf Fahrspuren verhältnismäßig weniger trocken waren, bzw. das Wasser aufgrund von einer ausreichenden Verdichtung durch die Befahrung lang genug für eine mögliche Reproduktion der Gelbbauchunke hielten.

Durch die verheerende Trockenheit sind allerdings viele, durch ihre Struktur definierte Gewässer, wie z.B. Dolen, Wurzelteller und sogar ältere Tümpel komplett trocken gefallen. Auch neu angelegte Tümpel waren zu 40% aufgrund ihres schlechten Wasserhaltevermögens ungeeignet als Laichhabitat für die Gelbbauchunke.

Zu ca. 35% war dies ebenfalls der Fall für speziell angelegte Fahrspuren auf Wildäckern. Wiederholt kann gesagt werden, dass die Standortwahl für die Anlage eines Wildackers höchst entscheidend für dessen Erfolg ist. Ein lehmiger, gut verdichtender Boden reicht nicht aus, wenn über das Jahr keine ausreichende Feuchtigkeit am Standort vorhanden ist. Allerdings könnten auch hier die Ergebnisse in einem regenreicheren, "normalen" Jahr anders aussehen.

Begradigte Fahrspuren mit 1 Jahr Trockenpause (mit einem Bagger eingeebnet und nach einem Jahr mit einem Schlepper wiederbefahren) hielten alle durchweg das Wasser sehr gut, allerdings lässt die geringe Anzahl der Gewässer momentan nur begrenzt gültige Aussagen zu. Als denkbare Begründung für das gute Wasserhaltevermögen wäre der geeignete Standort zu nennen. Da an diesen Stellen bereits mehrjährige Gewässer in der Vergangenheit waren, welche dann eingeebnet und wiederbefahren wurden, handelt es sich demzufolge auch um Standorte mit einem bewährten, guten Wasserhaltevermögen. Das gleiche Prinzip kann als Begründung für Begradigte Fahrspuren mit 1/2 Jahr Trockenpause genannt werden. Hier hatten 90% über das gesamte Jahr hinweg ein gutes Reproduktionspotenzial.

Zusammenfassend für 2019 und 2020 ist ersichtlich, dass für fast alle Strukturtypen eine erfolgreiche Reproduktion nicht immer möglich ist. Fast alle Strukturen sind gleichermaßen von Trockenheit betroffen. Bei Dolen und Wurzeltellern fehlt es offenbar an ausreichender Verdichtung, Alte Tümpel welche sich in ihrem Wasserhaltevermögen bewährt haben, trocknen auch weniger aus. Bei Fahrspurpfützen sei die gute Verdichtung genannt, was zu einem besseren Wasserhaltevermögen führt. Neue extra angelegte Baggertümpel haben im Schnitt eine 50 / 50 Chance das Wasser auch zu halten. Auch hier fehlt es oftmals an einer ausreichenden Verdichtung. Bezieht man allerdings die Kosten für die Anlage der Gewässertypen mit ein, kann sofort gesagt werden, dass bei Baggertümpeln, welche oft kostenintensiver in der Anlage sind, mehr Geld "in den Sand gesetzt" wird, als bei im Zuge der Bewirtschaftung zufällig entstehende Pfützen auf Fahrspuren.

Reproduktionserfolg der Gewässer

Das Jahr 2020 war mit insgesamt 2.452 Metamorphlingen ein wiederholt erfolgreiches Reproduktionsjahr für die Gelbbauchunke in unseren Projektgebieten, wenngleich auch der Großteil der erfassten Reproduktion in Kirchheim Teck (1.445) zu verzeichnen war. Für uns ist es generell erfreulich zu sehen, dass nach jahrelangen, zeitaufwändigen, anstrengenden und nur bedingt wirksamen Arbeitseinsätzen mit Freiwilligen zur Optimierung von Laichgewässern, nun durch Einsatz von Maschinen viele vergleichsweise einfache Methoden sehr erfolgsversprechende Ergebnisse erzielen. Noch erfreulicher ist es, dass diese Maßnahmen durchaus ohne einen nennenswerten Mehraufwand in den forstwirtschaftlichen Alltag integriert werden können, insofern ein einfaches Grundwissen zu den Bedürfnissen der Gelbbauchunke vorhanden ist.

 

Wie auch im vergangenen Jahr wurden die absoluten erfassten Metamorphlingzahlen für die verschiedenen Gewässertypen zusammengefasst und ein Durchschnittswert "Metamorphlinge pro Gewässer" aufgrund der variierenden Zahlen für die verschiedenen Strukturtypen erstellt. Dieser macht einen direkten Vergleich zwischen den Kategorien möglich. An dieser Stelle ist es außerdem wichtig zu erwähnen, dass für wenige Gewässer, in denen eine höhere Gesamtzahl an Kaulquappen mit 4 Beinen (letztes Kaulquappenstadium) als eine Gesamtzahl an Metamorphlingen erfasst wurde, die Zahl der Kaulquappen mit 4 Beinen als Erfolgsgröße für das entsprechende Gewässer verwendet wurde. Da sich der Schwanzrest innerhalb weniger Tage zurückbildet und die Metamorphlinge witterungsbedingt sofort vom Ursprungsgewässer abwandern können, ergibt dies ein exakteres Bild vom Reproduktionserfolg. Die Ergebnisse aus 2020 zeigt die nachfolgende Grafik:

Auch hier sind wiederholt nur Gewässer involviert, in denen eine erfolgreiche Reproduktion möglich gewesen ist (siehe Reproduktionspotenzial oben). Ein erfasster Metamorphling in einem fast dauerhaft trockenen Gewässer würde die Ergebnisse verfälschen. Somit ergeben sich insgesamt 313 Gewässer, wobei neue und alte Fahrspuren zahlenmäßig am stärksten vertreten waren. Die Gesamtzahl der Metamorphlinge für diese 313 Gewässer ergibt 2.457, mit ebenfalls den höchsten Zahlen in neuen und alten Fahrspuren. Sehr viele Individuen wurden in neuen Baggertümpeln erfasst, wobei  288 von den insgesamt 522 Tieren aus einem einzigen Baggertümpel stammten. In den wenigen geeigneten Grabendurchfahrten, Dolen und Wurzeltellern konnten in 2020 keine Reproduktion nachgewiesen werden.

Betrachtet man die Durchschnittswerte für die einzelnen Strukturtypen, so sind die neuen Baggertümpeln mit 40,2 Metas/Gewässer mit Abstand am Besten. Ältere Tümpel hingegen hatten einen Durchschnittswert von 0,2 Metas/Gewässer. Neue Fahrspuren (12,5) und Wildäcker mit Fahrspuranlagen (10,5) erbrachten ebenfalls gute Ergebnisse. Interessant ist zu sehen, dass sich die in 2020 erstmalig untersuchten Fahrspuren mit einer Trockenpause durch eine aktive Einebnung/Begradigung (entweder durch Bagger oder Forstmulcher) und Wiederbefahrung mit ihren Werten von 8,9 nach 1 Jahr Trockenpause und 6,7 mit 1/2 Jahr Trockenpause (Herbst bis spätes Frühjahr) genau zwischen die komplett neuen und alten wiederbefahrenen (5,1) Fahrspuren stellen. Diese ersten Ergebnisse sind insofern erfreulich, da ein Trend erkennbar ist, dass durch aktiv induzierte Trockenpausen und Sanierungen von Rückegassen der Reproduktionserfolg der Gelbbauchunke erhöht werden kann, WENN bei anschließender Neubefahrung entstehende Pfützen belassen werden. Dies dürfte besonders wichtig für Forstreviere sein, welche eine sehr begrenzte Anzahl an geeigneten Standorten mit einem guten Wasserhaltevermögen haben und somit öfters auf gleiche Standorte für den Gelbbauchunkenschutz zurückgreifen müssen. Daher kann bereits gesagt werden, dass es in jedem Fall besser ist langjährig bestehende Pfützen für zumindest 1/2, besser aber 1 Jahr zu beseitigen bevor diese wiederholt befahren werden. Mögliche Gründe für diese Unterschiede im Reproduktionserfolg werden im nächsten Abschnitt unten ("Gewässervergleich") erläutert.

Zusammenfassend soll auch an dieser Stelle auf die Gesamtergebnisse aus 2019 und 2020 hingewiesen werden, da dies ein exakteres Bild ergibt.

Neue Baggertümpel sind mit einem Durchschnittswert von 21,8 am Besten, gefolgt von Wildäckern (12,4), neuen Fahrspuren (9,4), begradigten Fahrspuren mit 1 Jahr Trockenpause (8,9) und 1/2 Jahr Trockenpause (6,7), alten Fahrspuren (3,8), Grabendurchfahrten (1,5), alten permanenten Baggertümpeln (0,2) und Dolen (0,1). In Wurzeltellern trockneten alle Reproduktionsstadien aus bevor diese die Metamorphose beenden konnten.

 

Unsere Ergebnisse zeigen, dass eine Neuanlage von Baggertümpeln eine sehr gute Möglichkeit sein kann, den Reproduktionserfolg und somit die Individuenzahlen von Gelbbauchunken in einem Gebiet kurzzeitig zu erhöhen und zu fördern. Allerdings muss die kurzfristige Wirkung des Erfolgs mit Hinblick auf die Ergebnisse für alte Baggertümpel (21,8 vs. 0,2) betont werden. 

Mehrjähriger Gewässervergleich

Nach dem zweiten Jahr des Projektes ist es nun erstmals möglich bestimmte Gewässer über einen mehrjährigen Zeitraum zu betrachten und interessante Vergleiche im Hinblick auf den Reproduktionserfolg anzustellen.

Um die Unterschiede zwischen neuen und alten Gewässern und den allgemeinen Fakt, dass die Gelbbauchunke ständig neue Gewässer benötigt um sich erfolgreich fortpflanzen zu können, weiter zu beleuchten wurden bestimmte Gewässer genauer betrachtet. Hierfür wurden Gewässer ausgewählt welche alle der folgenden Kriterien trafen:

  • Neuanlage in 2019
  • Mögliches Reproduktionspotenzial (Gutes Wasserhaltevermögen) in 2019
  • Erfolgreiche Reproduktion in 2019
  • Exakt gleiche Gewässer waren auch in 2020 vorhanden und wurden untersucht

Diese Gewässer wurden in 3 Kategorien eingeteilt:

  1. Permanente Gewässer. Diese Gewässer führten durchgehend von 2019 bis 2020 Wasser.
  2. Nicht Permanente Gewässer mit einem möglichen Reproduktionspotenzial in 2020. Diese Gewässer führten nicht durchgehend Wasser und waren oftmals besonders im Winter/Frühjahr 2020 trocken. Allerdings war das Wasserhaltevermögen auch in 2020 so gut, dass die Gelbbauchunke die Möglichkeit hatte sich erfolgreich zu vermehren.
  3. Nicht Permanente Gewässer mit keinem Reproduktionspotenzial in 2020. Diese Gewässer führten ebenfalls nicht durchgehend Wasser und waren von Trockenheit betroffen. Diese Gewässer waren in 2020 allerdings (fast) dauerhaft trocken, sodass diese Gewässer für die Gelbbauchunke im zweiten Jahr komplett ungeeignet waren.

Wie man sofort erkennen kann, nimmt die Reproduktionsleistung für alle Gewässer vom ersten Jahr der Neuanlage zum zweiten Jahr ihres Fortbestands ab.

Besonders drastisch ist die Abnahme für permanente dauerhaft wasserführende Gewässer wo der Reproduktionserfolg von durchschnittlich 23,6 Metas pro Gewässer um ein 10-faches auf 2,6 Metas pro Gewässer im zweiten Jahr nach Neuanlage sinkt. Dies bestätigt die vorherige Aussage, dass es sich bei neu angelegten Baggertümpeln in jedem Fall um eine kurzfristige geeignete Maßnahme im Unkenschutz handelt. Oftmals sind diese lediglich, wie auch alle anderen Gewässer, nur im Jahr ihrer Neuanlage für die Gelbbauchunke von Vorteil. Ein dauerhaft wasserführender Baggertümpel ist "statisch" ohne jegliche Gewässerdynamik, weder zeitlich noch räumlich.

Betrachtet man die nicht permanenten Gewässer (insofern eine Reproduktion in 2020 möglich war), so ist ebenfalls, wenn auch nicht so drastisch, eine Abnahme zu erkennen. Hier sinkt der Reproduktionserfolg von 19,5 im ersten Jahr auf 10,4 im zweiten Jahr und halbiert sich somit. Interessant ist besonders der Cross-over zwischen den beiden Typen. Wohingegen permanente Gewässer, welche oftmals auch größer sind, im ersten Jahr besser abschneiden, sind temporäre Gewässer im zweiten Jahr nach ihrer Anlage um das 4-fache besser als permante.

Diese Gewässer zeigen zumindest eine zeitliche Dynamik indem sie nur zeitweise Wasser führen, was dazu führt dass einige der Prädatoren wie Larven der Großlibellen aus dem Vorjahr nicht mehr im Gewässer anzutreffen sind. Je nach Zeitpunkt der erneuten Wasserführung im Folgejahr kann es dazu kommen, dass aber andere Prädatoren wie Molche ebenfalls wieder im Gewässer zu finden sind, da diese Gewässer ebenfalls nicht räumlich dynamisch sind. Wir argumentieren daher, dass ein nachhaltiger Gelbbauchunkenschutz nur mit Laichgewässern welche eine räumliche und zeitliche Dynamik zwischen den Jahren besitzen, erfolgreich sein kann.

Im Hinblick auf die nicht-permanenten Gewässer, welche im zweiten Jahr aufgrund vorwiegender Trockenheit kein Nutzen mehr für die Gelbbauchunke hatten (Reproduktion 2020 nicht möglich), wird ein weiteres Problem deutlich. Wenn ein Gewässer einmal komplett trocken gefallen ist, kann die Wasserhaltefähigkeit so schwerwiegend beeinflusst sein, dass eine erneute Wasserführung komplett ausgeschlossen ist. Oftmals bilden sich bspw. Risse im Boden oder die anwesende Vegetation durchwurzelt die verdichtete Schicht, sodass sich Wasser nach erneuten Regenfällen nicht mehr im Gewässer halten kann. Diese Dynamik ist zum einen ideal in Gewässerstrukturen auf Rückegassen, da dadurch Pfützen wieder verschwinden, keine Permanenz entsteht und eine erneute Befahrbarkeit aus forstwirtschaftlicher Sicht gegeben ist. Werden diese Gassen zu einem späteren Zeitpunkt bei ausreichender Feuchtigkeit erneut befahren, kommt es zu einer erneuten Verschmierung und Verdichtung der ehemaligen Pfützenstandorte und "neue" Gewässer können wieder entstehen. Im Hinblick auf kostenintensive Baggertümpel, kann dies allerdings ärgerlich sein, da eine erneute Wasserführung nur durch erneuten Einsatz von finanziellen Mitteln und Maschinen hergestellt werden kann. Da allerdings, wie oben beschrieben, permanent wasserführende Tümpel ohnehin keinen Nutzen für die Gelbbauchunke (außer als Aufenthaltsgewässer) besitzen, geht durch das Trockenfallen auch kein Potenzial für den Unkenschutz verloren.

 

Um die mögliche Begründung für die Unterschiede zwischen permanenten und temporären Gewässern und den Effekt der Prädatoren besser zu verstehen, wurde der durchschnittliche Reproduktionserfolg in Abhängigkeit von der An- & Abwesenheit von Libellenlarven aus dem Vorjahr und adulten Molchen ermittelt und im Folgenden dargestellt:

Alle Gewässer aus 2019 und 2020 mit einem möglichen Reproduktionspotenzial wurden nach An- & Abwesenheit von Libellenlarven aus Vorjahren und adulten Molchen gruppiert und für jede Gruppe die durchschnittliche Metazahl pro Gewässer kalkuliert. Es wird sofort deutlich, dass Larven von Großlibellen aus dem Vorjahr, welche dann zu Beginn der Laichperiode der Gelbbauchunke bereits im Gewässer anwesend sind, den größten bzw. negativsten Einfluss auf den Reproduktionserfolg haben (rote Säulen). Bei zusätzlicher Anwesenheit von adulten Molchen (oftmals Bergmolche) ist der Erfolg noch geringer, wenngleich auch nur um 0,7. Diese Prädatoren haben einen größeren negativen Einfluss auf den Erfolg, wenn Libellenlarven abwesend sind (grüne Säulen, um 2,9). Der beste Reproduktionserfolg konnte in Gewässern ohne jegliche Prädatoren (8,2) beobachtet werden. Da Libellenlarven aus dem Vorjahr logischerweise auch nur in permanent wasserführenden Gewässern anwesend sind, zeigt dies die deutlichen Nachteile dieser statischen Strukturen. Da Molche im Umkreis von Gewässern überwintern, sind diese von Wintertrockenheiten weniger beeinflusst und können folglich in nicht-permanenten Gewässern bei erneuter Wasserführung einwandern. WICHTIG hierbei ist, dass dadurch ebenfalls ein negativer Effekt entstehen kann, wenn neue Pfützen in unmittelbare Umgebung zu permanenten Gewässern angelegt werden. In anderen Worten, ist ein permanentes Gewässer ab dem zweiten Jahr nicht nur von geringem Nutzen für die Gelbbauchunke, sondern kann dann ebenfalls seine Umgebung negativ beeinflussen und somit einen ganzen Standort durch die Präsenz von Prädatoren ungeeignet machen.

An dieser Stelle soll allerdings auch darauf hingewiesen werden, dass die Gelbbauchunke durch ihr Laichverhalten dem Reproduktionsverlust in permanenten Gewässern wahrscheinlich vorbeugt indem sie, insofern vorhanden, bevorzugt in neue Gewässer ablaicht und permanente Gewässer meidet. Allerdings kann die Abwesenheit von Laich und Kaulquappen nicht sicher damit begründet werden, da es sein kann dass die Reproduktionsstadien gefressen werden, bevor diese erfasst werden können. Sicherlich ist der geringe Reproduktionserfolg in permanenten Gewässern aber vorwiegend durch die Prädationseffekte (Fressen von Laich und Kaulquappen durch Libellen und Molche) zu begründen. Im folgenden werden 2 der 4 Kategorien genauer betrachtet:

  • In 175 Gewässern MIT Libellenlarven UND Molchen wurden in 38 Gewässern Eiablagen oder Kaulquappen nachgewiesen. Somit fand in 21,7% dieser Gewässer eine Reproduktion (nicht zwingend erfolgreich!) statt. In 16,6% (29 Gewässer) war diese mit insgesamt 359 Metamorphlingen erfolgreich (Nachweis von Kaulquappen mit 4 Beinen oder Metamorphlinge). Somit liegt der Durchschnitt für die 175 Gewässer bei 2,3 Metas/Gewässer.
  • In 397 Gewässern OHNE Libellenlarven UND Molchen wurden in 196 Gewässern Eiablagen oder Kaulquappen nachgewiesen. Somit fand hier in 49,4% der Gewässer eine Reproduktion statt. In 39,3% (156 Gewässer) war diese mit insgesamt 3.181 Metamorphlingen auch erfolgreich. Der Durchschnitt der 397 Gewässer liegt somit bei 8,2 Metas/Gewässer.

Diese Zahlen bestätigen den negativen Effekt von Prädatoren auf den Reproduktionserfolg (2,3 vs. 8,2). Leider ist es nicht möglich eine gewisse "Vorauswahl" des Laichplatzes durch die Unke genau auszumachen. Obwohl der Nachweis einer stattfindenden Reproduktion für die Gewässertypen unterschiedlich ist (21,7% vs 49,4%), kann man nicht genau sagen ob die Unke auch in mehr als 21,7% der permanenten Gewässer abgelaicht hat bevor die Eier (oder junge Kaulquappen) im Anschluss gefressen wurden, ohne jemals erfasst worden zu sein.

Am Ende des zweiten Projektjahres kann somit zusammenfassend wiederholt werden, dass ein erfolgreicher, nachhaltiger Schutz der Gelbbauchunke in Wirtschaftswäldern, nur durch:

  • Neuanlagen,
  • Dynamik &
  • Fahrspuren

zu erzielen ist.


Kontakt

Prof. Dr. Martin Dieterich

Projektleiter

 

MSc. Felix Schrell

Projektdurchführung & -koordination


 

Universität Hohenheim

Institut für Landschafts- und Pflanzenökologie

Ottilie-Zeller-Weg 2, 70599 Stuttgart

Tel.: +49 (0)711 459 23530

 

E-mail: unkenschutz-bw@outlook.de

 



Gefördert durch die Deutsche Bundesstiftung Umwelt