Das Projekt


Das hier vorgestellte Projekt "Entwicklung nachhaltiger Schutzkonzepte für die Gelbbauchunke (Bombina variegata) in Wirtschaftswäldern" wird von der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU) in vollem Umfang mit €290.000 finanziert und hat eine Projektlaufzeit von 3 Jahren, von Januar 2019 bis Dezember 2021. Es findet in Kooperation mit der Forstlichen Versuchsanstalt (FVA) auf Bundeslandebene in Baden-Württemberg statt.

Das Problem

Das Projekt knüpft an der Problematik des Rückgangs von Kleinstgewässern in Waldstandorten an, wobei ein besonderes Hauptaugenmerk die ständig neu-entstehenden Fahrspuren auf Rückegassen sind. Rückegassen sind Feinerschließungslinien im Forst, welche eigens für die Befahrung und Abtransport von Holz angelegt wurden und somit ein flächiges Befahren des Waldes verhindern, um dem Bodenschutz gerecht zu werden. Durch naturnahe Waldbewirtschaftung und Schutz-Zertifikate zur Holzgewinnung wird allerdings vermehrt Druck auf die Bewirtschaftung ausgeübt, solche Fahrspuren nicht entstehen zu lassen und eine Befahrung, falls möglich, gänzlich zu unterbinden. Somit werden Spuren entweder direkt wieder beseitigt, permanent befestigt oder ihre Entstehung gänzlich durch Verwendung von Kronenschnitt verhindert. (Inwiefern bei letzterem der Nährstoffhaushalt durch die Konzentration von Biomasse auf die Wege verlagert wird, bleibt fraglich.)

Gelbbauchunke, Fahrspur, wassergefüllt, Laichgewässer, Reproduktionsgewässer
Neue wassergefüllte Fahrspur, welche als Lebensraum für viele Pflanzen und Tiere dient. Die Gelbbauchunke findet hier ideale Reproduktionsbedingungen, weshalb diese Strukturen für diese Art überlebenswichtig sind.

Unterstützt wird diese Problematik vielerorts durch die Bevölkerung, welche sich an den unansehnlichen schlammigen Fahrspuren nach forstlicher Bewirtschaftung während ihres Waldspaziergangs stört und Beschwerden bei entsprechenden Verwaltungen einreichen. Dabei verstehen die Wenigsten, dass "Ordnung" ein menschliches Prinzip ist und die Artenvielfalt der Natur von ständigen Störungen und vielfältigen Strukturen durchaus profitiert.

Für die Gelbbauchunke sind diese dynamischen neuen Gewässer eine unentbehrliche Reproduktionsstätte, da diese vor allem frei von Fressfeinden (Libellenlarven, Rückenschwimmer, Molche, etc.) und Nahrungskonkurrenten sind.

Da diese Antagonisten bereits ab dem 2. Jahr anwesend sind, ist es auch im Interesse der Gelbbauchunke keine permanenten Fahrspuren und Gewässer zu schaffen. Eine zeitliche Verzögerung der Beseitigung dieser Spuren bis zum Herbst im Jahr der Entstehung sollte daher angestrebt werden.

 

Falls Fahrspuren nicht erhalten werden können, sollten den Gelbbauchunken alternative Reproduktionsgewässer angeboten werden. Allerdings ist hier oftmals unklar, welche Maßnahmen hier besonders wirksam sind bzw. überhaupt funktionieren, da zwar eine Verdichtung für eine Wasserhaltung von 2-3 Monaten notwendig ist ohne jedoch ein permanentes Gewässer zu schaffen. Leider fehlt es bisher an einem offiziellen Schutzkonzept für die streng geschützte Gelbbauchunke in Waldstandorten um einen langfristigen Erhalt zu garantieren.

Eine große Anzahl von Kaulquappen der Gelbbauchunke in einer neuen Fahrspur, 2-3 Monate nach ihrer Entstehung.
Eine große Anzahl von Kaulquappen der Gelbbauchunke in einer neuen Fahrspur, 2-3 Monate nach ihrer Entstehung.
Diese Gewässer sind frei von Fressfeinden und garantieren eine erfolgreiche Entwicklung der Jungtiere (Metamorphlingen).
Diese Gewässer sind frei von Fressfeinden und garantieren eine erfolgreiche Entwicklung der Jungtiere (Metamorphlingen).


Die Lösung

Ein Lösungsansatz für das dargestellte Problem soll durch das vorliegende Projekt geliefert werden. Unter der Zusammenarbeit mit 6 Revierleitern in verschiedenen Teilen Baden-Württembergs werden unterschiedliche Maßnahmen zur Schaffung von Laichgewässern für die Gelbbauchunke umgesetzt und auf ihre Wirksamkeit getestet. Oberstes Ziel des Projektes ist ein dauerhaftes sich selbsttragendes Management speziell für die Gelbbauchunke.

Die enge Zusammenarbeit mit Revierleitern und Waldarbeitern garantiert eine praxisnahe Konzeption eines Maßnahmenkatalogs für Forststandorte. An erster Stelle stehen hierbei eine einfache Umsetzung der Maßnahmen ohne größeren Mehraufwand, um eine Integration in die alltägliche Forstbewirtschaftung langfristig zu gewährleisten. Von besonderer Wichtigkeit ist hier die Erfahrung aller teilnehmenden Revierleiter, welche aktiv in der Konzeption und Umsetzung eingebunden werden. Nach erfolgreicher Umsetzung der Maßnahmen, werden diese durch wissenschaftliche Untersuchungen auf ihre Wirksamkeit und Effizienz getestet. Hierbei werden die jeweiligen Maßnahmen in Relation zu Eigenschaften eines jeden Gewässers (Besonnung, Verdichtung, Tiefe, Abstand zu permanenten Gewässern, etc.) und erfolgreicher Reproduktion ausgewertet. Die individuelle Erkennbarkeit der Gelbbauchunken ist hier von großem Vorteil um die Bewegungsmuster einzelner Tiere, und somit den Einzugsbereich verschiedener Maßnahmen, nachvollziehen zu können. Durch die Kooperation mit der FVA werden Ergebnisse schließlich in Form von jährlichen Schulungen für Revierleiter direkt kommuniziert und eine zukünftige Integration der wirksamsten Maßnahmen in die Bewirtschaftung garantiert. Somit wird ein langfristiger flächendeckender Schutz für diese Art in Waldgebieten gewährleistet ohne die Notwendigkeit von kostenintensiven Maßnahmen mit lediglich kurzfristigen Erfolgschancen, wie es oft in anderen Projekten praktiziert wird.

 

Die parallel stattfindende Öffentlichkeitsarbeit, in Form von Exkursionen vor Ort und dem Einsatz einer weiten Bandbreite von verschiedenen Medien für Informationen, strebt eine Bewusstseinsförderung auf allen Ebenen und bei allen Akteuren an. Denn ein Verständnis der Thematik und eine Akzeptanz der Maßnahmen sind ein unentbehrlicher Schlüssel für einen erfolgreichen nachhaltigen Naturschutz.


Unser größtes Anliegen ist es, eine Akzeptanz von Fahrspuren im Wald beim Naturschutz und in der Bevölkerung zu erwirken. Dies sind normale Strukturen welche bei der Bewirtschaftung entstehen und stellen keine Zerstörung dar!

Man sollte sich immer wieder bewusst machen, dass die Natur keine Ordnung in dem Sinne wie wir es verstehen braucht oder mag.


Kontakt

Prof. Dr. Martin Dieterich

Projektleiter

 

MSc. Felix Schrell

Projektdurchführung & -koordination


 

Universität Hohenheim

Institut für Landschafts- und Pflanzenökologie

Ottilie-Zeller-Weg 2, 70599 Stuttgart

Tel.: +49 (0)711 459 23530

 

E-mail: unkenschutz-bw@outlook.de

 



Gefördert durch die Deutsche Bundesstiftung Umwelt